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Kardinal Vlk: Eröffnungsrede des 28. Ökumenischen Bischofstreffens

10. 9. 2009

Liebe Brüder, liebe Schwestern,

ich bin sehr froh darüber, dass das 28. ökumenische Treffen der Bischöfe, Freunde der Fokolarbewegung, auf dem Gebiet der ehemaligen DDR stattfindet, im Land von Martin Luther und in einem ganz neuen Kloster von Zisterzienserinnen, in der großen Tradition der deutschen Mystikerinnen Mechthild von Magdeburg, Mechthild von Hackeborg und Gertrud von Helfta. Ich selbst erinnere mich an die vielen Male während der Zeit der Diktatur, in denen ich in diese Gegend gekommen bin, weil wir Christen aus der Tschechoslowakei, die wir vom kommunistischen Regime unterdrückt und verfolgt wurden, hier die Möglichkeit hatten, unter dem Schutz der Kirche, unsere Treffen –Aktivitäten zu organisieren, die wir bei uns nicht machen konnten.

Hier haben wir die Fokolarbewegung getroffen, die durch einige Priester vertreten wurden, unter ihnen der Kaplan des Doms von Dresden, Joachim Reinelt.

Natalia Dallapiccola und Clari Santanché, die zu den ersten Gefährten von Chiara Lubich gehörten, haben uns in die Spiritualität der Fokolare eingeführt. Auf diese Art und Weise hat sich der Bewegung die Tür zum Osten hin geöffnet, zur Tschechei, Slowakei, Ungarn, Polen usw.

Gemeinsam mit den Deutschen haben wir hier unsere ersten Sommertreffen gehalten, die sogenannten “Mariapolis”, denn die katholische Kirche war hier in der Minderheit und frei genug, uns diese Möglichkeit anzubieten. Das ging so weit, daß Anfang der 70er Jahre an jedem dieser Treffen, 2 mal im Jahr, etwa 300/400 Tschechen teilgenommen haben.

Die Entdeckung von Jesus in der Mitte und dem Verlassenen Jesus, Hauptpunkte der fokolarinischen Spiritualität, gab uns eine neue Hoffnung und einen Ausblick auf die Zukunft. Ich bin heute also mit dieser Erfahrung auf den Schultern hier und mit einer großen Dankbarkeit.

Und das Thema unseres Treffens, das uns auch ein Wort zum Leben für den Tag anbietet, versichert uns: “Ich bin mit euch…“ Wenn wir es leben, werden auch wir – wie die entstehende Fokolarbewegung vor vielen Jahren – neue Perspektiven der Hoffnung und der Freude erfahren, die unsere Gegenwart durchfluten und die Welt erreichen werden, die uns umgibt.

Wir müssen auch beachten, in was für einer Welt wir heute leben und mit welcher Hoffnung wir als Bischöfe handeln können, sowohl als Verantwortliche unserer Kirchen als auch auf persönlicher Ebene.

Eine charakteristische Note unserer Gesellschaft, die niemand nach dem Berliner Mauerfall voraussehen konnte, ist das Wort “Krise”. Viele Bischöfe stellen mit Schmerz fest, das besonders in der westlichen Welt die spirituellen und christlichen Werte die Jugendlichen und die führende Schicht der Gesellschaft nicht mehr anzieht. In den Kirchen der Tschechischen Republik genauso wie in denen des westlichen Deutschlands nimmt die Zahl der Gläubigen und der getauften Kinder rapide ab. Die Christen befinden sich trotz der freien Gesellschaft in einer nie geahnten Position der Minderheit und verlieren das Vertrauen in sich selbst und in die Botschaft des Evangeliums. Viele fragen sich: Wo kann man die Mittel finden, nicht nur um zu überleben, sondern um authentische missionarische Kirche zu sein, die die Menschen, die sich weit weg von der Kirche befinden, zu den Reichtümern des Evangeliums führen kann? Die Pfarrgemeinden haben oft keinen Kontakt zu den Jugendlichen oder jungen Familien mehr. Die Jugendlichen ihrerseits – und nicht nur sie – da sie keine tiefe und ausreichende Bedeutung für ihr Leben finden, lassen sich leicht dazu bringen, es auf zu einfache und extreme Weise anzusehen, und sich fundamentalistischen und nationalistischen Tendenzen zu öffnen. Die Zustimmung zur Moral, die ein unentbehrliches Element für den sozialen Zusammenhalt ist, löst sich auf und führt oft bis zur Droge, zur Korruption, zur Kriminalität und zu einem ungehemmten Egoismus.

In einem solchen Klima des reinen Funktionierens darf man sich nicht wundern, daß auch die Banken, die bisher Orte der vertrauenswürdigen und durchsichtigen Integrität waren, einen ethischen und moralischen Bankrott unvorstellbarer Dimensionen erlitten haben.

Ohne es zu merken, ist das System der Wirtschaft des sozialen Marktes in ein kapitalistisches, unehrenhaftes System mutiert, wo der stärkere den schächeren „aufißt“. Mit großem Schmerz sehen wir, daß in unseren Gesellschaften viele Unternehmen und Betriebe nicht mehr überleben und Familien und ganze Länder in die Abhängigkeit und Armut stürzen.

Die Bankenkrise hat zu einer globalen Krise der Ökonomie geführt, die auch den Staatsoberhäuptern gezeigt hat, daß die heute noch herrschenden technischen Regeln der Finanzwelt nicht ausreichend sind. Man muß ethische Maxime und Überwachunginstanzen schaffen, die das Gemeingut und die Gütergemeinschaft von neuem aufs Korn nehmen, wie unser Papst Benedikt VXI in seiner Sozialenzyklika CARITAS IN VERITATE detailliert niedergeschrieben hat. In der gleichen Richtung haben sich auch Vertreter verschiedener Kirchen geäußert, wie Bischof Huber der evangelischen Kirche in Deutschland, der ökumenische Patriarch von Konstantinopel und der Primas der Anglikanischen Kirche und die erst kürzlich erschienene Erklärung von 70 protestantischen Theologen in Berlin.

Wir können uns also fragen: Wo ist der Ausgangspunkt, wenn die Christen ihren Beitrag zur Krisenlösung in der Welt von heute geben wollen? Für mich ist er ganz klar. Jesus Christus ist der Herr. Er hält die Zeiten in Händen, mit seiner Liebe zu den Menschen. Gott hat dem Menschen die Freiheit geschenkt. Er zieht sie nicht zurück, wenn der Mensch nicht auf dem richtigen Weg bleibt. Der Mensch muss erkennen, dass seine eigenen Wege nicht vorwärts führen, keine neuen Perspektiven auftun. Wie alle Christen sind auch wir dazu eingeladen, die Zeichen der Zeit zu erkennen. Im Dunkel der gegenwärtigen Zeit leuchtet hell das Wort des gegenwärtigen Augenblicks: „ich bin bei Euch alle Tage…“. Ich habe die Erfahrung gemacht, als das komunistische System mir verboten hat, als Priester zu arbeiten und mir jede äußere Möglichkeit genommen hat, den Menschen diesen Gott zu bringen, dass Gott selbst die Initiative ergreifen kann und sich dort gegenwärtig macht, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind. Er war es, der die Leute versammelte, der sie die Gütergemeinschaft leben ließ und die beständige Bereitschaft zur Versöhnung. Er war es, der uns das Licht gab, um mit seinen Augen die Welt und die Kirche zu sehen. Ich kann wirklich bezeugen, daß meine Freunde und ich mit Händen die Wahrheit des Wortes Jesu berührt haben, das diesen Tagen hier ihre Bedeutung gibt: „Ich bin bei Euch alle Tage“ (Mt 28,20).

Um diese Worte als rettende Botschaft in der aktuellen Situation zu erfahren, ist es notwendig, daß wir selbst diesen nahen Gott in uns aufnehmen – den Gott Emmanuel, Gott mit uns –um dann diese Erfahrung zu unseren Kirchen zu bringen, vereint, sie der ganzen Welt vorzustellen, in der Sicherheit des Lichtes und der Kraft von Jesus in der Mitte. So beginnen wir unser Treffen.

Dieses große Versprechen von Jesus “Ich bin bei Euch alle Tage” wird in unser Leben eintreten, wenn wir es gemeinsam leben, Tag für Tag, mit kleinen Schritten und im beständigen Austausch. Im Licht dieser Worte Gottes wird es uns gelingen, die Reichweite einiger ökumenischer Ereignisse dieses Jahres zu entdecken. Ich denke da an das „Wunder von Chambesy“, als im vergangenen Juni unsere orthodoxen Brüder einen großen Schritt gemacht haben, unerwarteterweise, in Richtung auf die Vorbereitung eines Pan-ortodoxen Konzils. Ich denke an das „Wunder von Augsburg“, wo wir am 31. Oktober den zehnten Jahrestag der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre feiern, die von unserem lieben Bruder, Christian Krause, der hier anwesend ist und der damals Präsident des Lutherischen Weltbundes war, unterschrieben worden ist.

Im Licht dieser Worte Gottes wird es uns auch möglich sein, das “Wunder” unter uns zu sehen, die wir uns zum 28. Mal treffen, um diese Art der bedingungslosen Brüderlichkeit zu vertiefen, die von Jesus unter uns hergestellt wird und die die Welt von heute sehnlichst erwartet.

Genau das könnte der angemessene Beitrag der Christen zur Lösung der Krise von heute sein: nicht so sehr uns selbst gegenwärtig zu machen, unsere Ideen, unsere menschlichen Lösungen, sondern Christus in unserer Mitte.

Auch unsere ökumenische Begegnung in Eisleben und in Wittenberg, Geburtsort und Orte des reformatorischen Wirkens von Dr. Martin Luther, heilige Orte der Lutherischen Kirche und vieler Christen, öffnen uns auf geradezu natürliche Weise einen Weg zu seiner Person, zu seiner Theologie und zu seiner Spiritualität. Nach fast 500 Jahren des Kampfes und des Unverständnisses hat der Heilige Geist unsere Kirchen auf den Weg der Versöhnung und der Einheit geleitet. Im Kontext dieser Entwicklungen wage ich zu glauben, daß sich auch in dieser Geschichte die Verheißung Jesu verwirklichen wird: „Ich bin bei Euch alle Tage bis ans Ende der Welt“.

Johannes Paul II hat es einmal so ausgedrückt, daß Gott die Teilung der Kirchen zugelassen hat, die unsere Sünden hervorgerufen hat, um daraus etwas Gutes für sein Volk herausziehen zu können. Jedes getrennte Teil hat ja einige Glaubenspunkte entwickelt und vertieft, so daß wir jetzt, da wir uns annähern, uns gegenseitig bereichern können. So ist es beim ersten Treffen Chiaras und unserer Bewegung mit einigen Evangelischen passiert, Anfang der 60er Jahre. Es hat in den katholischen und evangelischen Teilnehmern den Wunsch verstärkt, das Evangelium zu leben, das Wort Gottes zu leben. Heute treffen wir uns auf dieser Spur und merken, daß nur so, durch das Leben des Wortes, durch das Vereint bleiben unter uns, wir wirksame Instrumente in den Händen Gottes für die Zukunft unserer vereinten Kirchen und für die vereinte Welt sein können: „Ich bin bei Euch alle Tage…“


Aby všichni byli jedno

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